Die Bremer Stiftung die schwelle ist in großer Sorge um die Situation befreundeter Partnerorganisationen in Israel und den palästinensischen Gebieten, aber auch um die Demokratie bei uns in Deutschland. Kaum war die Bundestagswahl vorbei, startete die CDU unter Friedrich Merz mit 551 Fragen eine Kampagne gegen gemeinnützige Vereine. Initiativen und Organisationen, die gegen Rechtsextremismus und Rassismus arbeiten, seien nicht neutral, daher solle man ihnen die Gemeinnützigkeit absprechen. Das ist ein unglaublicher Verstoß gegen Grundrechte der Demokratie.
Anfang Januar erhielten wir die Information aus Israel und von Freunden der Bildungseinrichtung Kurve Wustrow, dass die Bundesregierung die Förderung eines Programms mit den beiden israelischen NGOs New Profile und Zochrot mit sofortiger Wirkung beendet hat. Beide NGOs machen seit Jahren in Israel anerkannte Menschenrechtsarbeit: New Profile arbeitet für das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung, Zochrot widmet sich der Erinnerungsarbeit zum Thema ‚Nakba in Israel‘.
Zudem erreichte uns im Februar ein besorgter Brief unserer Partner:innen Combatants for Peace:
Demnach hat das Ministerkomitee für Gesetzgebung der israelischen Regierung einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Vereinsgesetzes (1980) verabschiedet, der NGOs, die von ausländischen Regierungsstellen finanziert werden, strenge finanzielle und operative Einschränkungen auferlegt. Sollte dieser Gesetzesentwurf verabschiedet werden, wird er die Handlungsmöglichkeiten von NGOs drastisch einschränken und viele Stimmen für Frieden, Menschenrechte und binationale Zusammenarbeit zum Schweigen bringen.
Der Gesetzesentwurf beinhaltet eine hohe Steuer auf ausländische Spenden und Förderungen sowie die Forderung, den Organisationen den Zugang zu gerichtlichen Überprüfungen in Menschenrechtsangelegenheiten und Petitionen gegen staatliche Stellen zu verwehren. Im Entwurf heißt es:
„Ein Gericht darf keinen Antrag einer NGO (Nichtregierungsorganisation) prüfen, deren Hauptfinanzierung von einer ausländischen staatlichen Einrichtung stammt, wenn sie nicht vom Staat finanziert wird.“
Im Fall unserer Partner Combatants for Peace bedeutet es – da sie auf internationale Finanzierung angewiesen sind – dass sie ihr Recht verlieren würden, Petitionen an israelische Gerichte zu richten. Die Freedom School, ein Trainingsprogramm für junge Leute, wird zurzeit noch mit Mitteln der EU gefördert. Die Vorhaben der israelischen Regierung sind ein direkter Angriff auf die Demokratie und nehmen Vereinen der Zivilgesellschaft eines ihrer wichtigsten Instrumente zum Schutz der Menschenrechte.
Die schwelle hat sich mit einem Protestschreiben an die (noch) Außenministerin und das Auswärtige Amt gewandt, bisher aber keine Antwort erhalten. Die israelische NGO New Profile hat sich nach dem ‚Aus‘ der Förderung durch die Bundesregierung an unsere Stiftung gewandt mit der Bitte um Unterstützung. Die schwelle ist in Gesprächen mit Vertretern von New Profile und wird voraussichtlich die wichtige Beratungsarbeit der Organisation fördern. Hier stellen wir die Organisation vor:
New Profile Israel
New Profile wurde 1998 als feministische Bewegung gegründet, die sich für die Verringerung des Einflusses des Militärs auf die israelische Zivilgesellschaft einsetzt und versucht, Frieden, Gewaltlosigkeit und eine gerechte und demokratische Gesellschaft zu fördern. Die Mitglieder, Frauen wie Männer, glauben, dass der Militarismus – der tief in der israelischen Gesellschaft verwurzelt ist – die Gesellschaft gewalttätiger, sexistischer und rassistischer macht, zivile und demokratische Werte schwächt, den Weg zum Frieden blockiert und das Ende der israelischen Besatzung Palästinas verhindert, indem er Menschenrechtsverletzungen gegen Palästinenser:innen und andere Randgruppen fortsetzt.
New Profile setzt den Fokus auf die Bekämpfung des Militarismus in Israel, die Schaffung einer zivileren, toleranteren und friedlicheren Gesellschaft und den Abbau der sozialen Diskriminierung derjenigen, die nicht im Militär gedient haben. New Profile fördert einen kritischen Diskurs über die Auswirkungen des Militarismus auf die israelische Gesellschaft und die Menschen darin.
Das Counseling Network unterstützt Personen, die sich aus freien Stücken dafür entscheiden, den Dienst im israelischen Militär zu vermeiden oder zu beenden, und dies in einer Gesellschaft, die eine solche Entscheidung als unrechtmäßig ansieht. Es bietet ihnen kostenlose Beratung, Informationen und Rechtsbeistand in dem äußerst komplizierten und stressigen Freistellungsverfahren. Dabei stützt sich das Netzwerk auf die jahrelange Erfahrung seiner Mitarbeitenden und Freiwilligen, die seit 2001 mehr als 20.000 Jugendliche bei der Befreiung vom Militärdienst unterstützt haben. Darüber hinaus beraten die Freiwilligen des Netzwerks zur persönlichen Situation in Bezug auf die Befreiung.
Durch die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit wirft New Profile Fragen auf zum Militarismus in Israel und dessen Auswirkungen auf Israelis und diejenigen, die unter militärischer Besatzung leben. New Profile führt Workshops und Vorträge für verschiedene Zielgruppen durch, insbesondere für Jugendliche und Pädagog:innen. Die Bewegung ist mit einem breiten Netzwerk von Aktivist:innen, Fachleuten und Forschern verbunden, die den Militarismus in verschiedenen Kontexten diskutieren.
Weitere Informationen über die Organisation New Profile finden sich hier: https://newprofile.org/en/