Der Krieg in der Ukraine - eine pazifistische Perspektive aus Kroatien

Ana und Otto Raffai aus Zagreb legen ihre pazifistische Perspektive auf den aktuellen Krieg dar und nehmen dabei auch auf ihre Erfahrungen während und nach den Balkankriegen Bezug. In einem Zoom-Interview mit Church and Peace berichten die beiden Theolog*innen von unserem Projektpartner "RAND - Regionale Addresse für gewaltfreies Handeln":

Eine gemeinsame Erfahrung der Gespräche während des Krieges in der Ukraine ist enttäuschend. Gerade von Christen, auch von hochrangigen Kirchenvertretern, erwartet Ana eine christliche Haltung, in der die Feindesliebe Jesu eine zentrale Rolle spielt. Stattdessen erlebt sie einen Diskurs, der an die Zeit des Zweiten Weltkriegs und davor erinnert, den Diskurs des gerechten Krieges, der militärische Selbstverteidigung legitimiert, ohne Alternativen aufzuzeigen. Daraus resultiert eine sehr einfache, schematische moralische Einteilung: hier die guten Ukrainer, mit denen wir solidarisch sind und dort die bösen Russen als Aggressoren.

Das ist für sie sehr schwer zu ertragen. Denn sie beschäftigen die Fragen: „Wie kann man jetzt für den Frieden arbeiten? Welche Hoffnung auf Frieden kann man entwickeln? Es macht mich traurig, weil die Kirchen offensichtlich nicht für Frieden arbeiten, sondern einseitig Partei ergreifen."

Otto erinnert sich an die Zeit zu Beginn des Krieges in Kroatien, als er für sich die Haltung entwickelte: „Ich kann nicht töten. Für mich ist die Nachfolge Jesu wichtig und ich kann nicht auf die strategischen Argumente des Staates eingehen. Meine Aufgabe ist es, ein anderes Zeugnis zu geben, das Zeugnis der Gewaltfreiheit in diesem Konflikt“.

Beide erleben, wie ihre vom Evangelium inspirierte Haltung als unrealistisch abgetan wird und wie schwer es ist, mit dieser anderen Dimension argumentativ durchzudringen. Die Feindesliebe wird als private, persönliche Dimension abgetan und das Evangelium für den gesellschaftlichen und politischen Raum für bedeutungslos erklärt.

Die pazifistische Position wird gefürchtet, weil sie das Recht auf Selbstverteidigung delegitimiert und argumentiert, dass auch militärische Selbstverteidigung kein geeignetes Mittel sei, um zum Frieden beizutragen.

Ana und Otto beschreiben, wie sie die Auswirkungen dieser Kriegslogik in Kroatien erlebt haben und wie das Land bis heute unter den Folgen leidet. Der Militarismus hat sich als Ideologie durchgesetzt und die Gesellschaft ist zu sehr von der unhinterfragten Befürwortung von Gewalt als Mittel der Konfliktlösung verseucht.

Ana erzählt von den Erinnerungen ihrer Eltern: "Vor dem Krieg konnten wir aus verschiedenen Ethnien ohne Probleme zusammenleben.“ Aber heute dominiert das Freund-Feind-Denken.

Diese langfristigen Folgen der Ideologie des Krieges müssen auch für die Ukraine berücksichtigt werden. Heute schon muss man bedenken, dass in der Ukraine Menschen unterschiedlicher Herkunft und Sprache - Russisch und Ukrainisch - zusammenleben müssen. Das Konzept der ethnischen Trennung funktioniert nicht. Es hat auf dem Balkan nicht funktioniert und es wird auch in der Ukraine keinen dauerhaften Frieden bringen.

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