Mit unterschiedlichen Mitteln kämpfen Andreas und Anna von Bernstorff gegen das geplante Atommüllendlager in Gorleben: Das Ehepaar übt zivilen Ungehorsam, klagt gegen die Zweckentfremdung des Salzstocks und setzt im eigenen Forstbetrieb nachhaltige Alternativen zur Atomenergie um.
Ist Atomenergie zukunftweisend? Oder ist sie unverantwortlich gegenüber künftigen Generationen und der Natur? Mit diesen Fragen sahen sich Andreas Graf und Anna Gräfin von Bernstorff konfrontiert, als die niedersächsische Landesregierung 1977 beschloss, im Salzstock Gorleben eine Wiederaufbereitungsanlage und ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll einzurichten. Der Forstwirt und seine Frau erkannten das zerstörerische Potential atomarer Energie – und begannen, sich gegen die Pläne der Regierung zu stellen.
Seit nunmehr 35 Jahren leisten Graf und Gräfin von Bernstorff gemeinsam mit ihren Kindern Widerstand gegen Castortransporte und Atompolitik. So weigerten sie sich, ihren Anteil am Salzstock zu verkaufen – immerhin ein Drittel des Areals – und verzichteten damit auf eine Kompensation von 30 Millionen DM.
Die Aktionen der Familie sind friedlich und kreativ: Als 1995 der erste Atommüll nach Gorleben kam, ließ Graf von Bernstorff Bäume fällen. Er nutzte sie, um die Straße zu sperren und setzte sich mitsamt Verwandtschaft davor. Jahre später rief er eine Jagd auf Wildschweine aus und störte damit den reibungslosen Ablauf des Transports. Wann immer die Castoren kommen, gibt die Familie ihren über 40 Mitarbeitern frei – damit sie demonstrieren können.
Auch auf juristischem Weg bemühen sich die Grafen, den Bau des Endlagers zu verhindern. Und: Sie setzen unmissverständliche Zeichen. Einen Teil des gräflichen Salzstocks verpachteten sie an die wendländische Salinas GmbH, die Salz abbauen wollte. Doch die Behörden stellten sich quer und verhinderten die Pläne.
Andreas und Anna von Bernstorff leben mit ihren Kindern auf dem jahrhundertealten Gartower Gut. Es gehört zum Selbstverständnis der Familie, nachhaltig zu wirtschaften und das eigene Land für kommende Generationen zu bewahren. So ist der Bernstorffsche Forst einer der größten Privatwälder in Deutschland, die das Nachhaltigkeitssiegel des Forest Stewardship Council (FSC) tragen. Zum Forstbetrieb gehört auch eine Biogasanlage. Sie ist mit einem Fernwärmenetz verbunden, das öffentliche Einrichtungen und Teile des gräflichen Gutes wärmt.
Inzwischen haben Anna und Andreas von Bernstorff den Familienbesitz an ihren erstgeborenen Sohn übergeben. Ihr Engagement für die Bewahrung der Schöpfung setzen die couragierten Grafen unbeugsam fort.